Erwartungen enttäuscht: Florian Berg ist sterblich
Florian Berg
beginnt in Leipzig Philosophie zu studieren. Besser gesagt, er versucht es.
Denn über einen Monat nach seiner Immatrikulation kann er immer noch keine
Kurse besuchen, da diese auf Grund des Lehrkräftemangels nur für Studenten in
höheren Semestern zugänglich sind. Er trifft durch Zufall Line, welche ihm mit
ihren Connections des StudentInnenrates dann doch noch zumindest ein Tutorium
sichert. Aber natürlich tut Line das nicht aus purer Nächstenliebe, scheint sie
doch sofort mehr als nur Gefallen an Florian gefunden zu haben. Er kann jedoch
nur auf ihr Muttermal an ihrem Mund starren. Dennoch lässt sich dann mit ihr
ein, um seines Tutoriums willen. Line ist es auch, die ihm eine WG mit ihrem Ex
zuschustert und weiterhin sehr viel mehr von Florian erwartet, als dieser
jemals in der Lage sein wird ihr zu geben. Anna Kuszlak, seine Tutorin mit
linker politischer Ausrichtung, scheint ihm doch viel eher interessant und
obgleich sie stetig ablehnt und zudem vergeben ist, wird Florian nicht müde,
sich ihr anzubieten. Auch nicht, als sie nach Südamerika verschwindet.
„Für einen kurzen Moment verspürte Florian den Drang,
sich zu melden und zu sagen, dass sie auch so, ganz gleich, ob Schweine fliegen
könnten,
die schönste Frau der Welt sei. Dann erschien es ihm
jedoch zu aufdringlich.
Zudem war Anna Kuszlak, wie sich Florian schließlich
doch eingestand,
sicher nicht die schönste Frau der Welt. Dafür hatte
sie zu kurze Beine.“
Lange habe ich mit mir gerungen,
eine "Erwartungen enttäuscht"-Rezenseion für „Florian Berg ist
sterblich“ von Janko Marklein zu schreiben. Es gelang diesem Debüt nun mal
leider absolut nicht, meine Erwartungen (die auch durch sehr euphemistische
Inhaltsangabe auf dem Buchrücken und in der Verlagsvorschau gefördert wurde) zu
erfüllen.
Was als
vielversprechendes Szenario beginnt – sinnentleertes, zielloses
Studentendasein, emotionslose Beziehungen, Rückblenden in eine ebenso
lakonische Kindheit und Jugend in der Provinz – weiß leider nicht zu
überzeugen.
Grundsätzlich
liegt das meiner Ansicht nach an einem Mangel an Drastik und Dramatik, welche
weder in der Handlung noch in der oft unfreiwillig komischen, da überbetont
sachlichen, Prosa zu finden sind. Alles, jedes noch so schockierend
emotionslose Detail, erreicht den Leser in einer Art dumpfem Widerhall. Es gibt
keine Spannung, kein Entsetzen, keinen Widerwillen ob dieser Stumpfsinnigkeit,
in der der Protagonist Florian sein Dasein fristet. Er wirkt einfach immer
irgendwie abwesend, etwas gelangweilt von seinem eigenen unspektakulären Leben,
in dem er nichts mit Leidenschaft verfolgt – außer vielleicht, das Mädchen
rumzukriegen, auf das er ein Auge geworfen hat (was so überhaupt nicht
mainstream ist).
Aber sogar die
komischen Passagen, welche wie obiges Zitat das Potential zu einer emotionalen
Reaktion auf diesen äußerst distanziert bleibenden Protagonisten hätte, lassen diesen
schlicht unsympathisch und uninteressant wirken. So, wie er Annas Schönheit
sofort negiert, muss ich diesem Protagonisten seine Plastizität als Romanfigur
absprechen, ist er doch schlicht eindimensional.
Kurz und knapp:
Dem Autor gelingt es sprachlich nicht, das volle Potential seiner Handlung
auszuschöpfen. Man nimmt Florian Berg und sein Leben zur Kenntnis, mäßig
interessiert, was denn nun als nächstes in einer Abfolge uninteressanter
Begebenheiten geschehen könnte.
Bewegt oder gar
zum Nachdenken angeregt hat mich dieser Roman nicht – dazu habe ich von jener
Generation der Sinnentleerung und Orientierungslosigkeit schon zu viele,
wirklich hervorragende Romane gelesen, die den Leser in ihrer Eindringlichkeit
und sprachlichen Brillanz lange verfolgen. „Florian Berg ist sterblich“ ist kein solcher Roman.
Florian Berg ist sterblich
von Janko
Marklein
2015 Blumenbar
ISBN
978-3-351-05022-1
Interesse? Hier
geht es direkt zum Buch auf der Verlagsseite:
Kommentare
Kommentar veröffentlichen